Steinheim (red). Vor kurzem fanden im Möbelmuseum Steinheim die ersten Zeitzeugengespräche zum Strukturwandel der lokalen und regionalen Möbelindustrie statt. Die Teilnehmenden sprachen über ihre Arbeit, ihre Erfahrungen und ihre Wahrnehmung der Krise der Möbelindustrie in Ostwestfalen. Die unterschiedlichen Perspektiven ergaben höchst interessante Einblicke in diesen für die Stadt Steinheim nicht unbedeutenden industriellen Wandlungsprozess
Die Möbelproduktion prägte Leben und Wirtschaft der Stadt Steinheim seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert: In den 1930er Jahren stammten mehr als 40 Prozent aller in Deutschland gefertigten Möbel aus Ostwestfalen, unter anderem aus der Emmerstadt. Hier spezialisierten sich viele Tischlereien und Möbelfabriken auf Möbel mit handgeschnitzten Verzierungen. Als seit 1970 die Nachfrage sank, Mechanisierung, Serienproduktion und billige Konkurrenz aus Osteuropa wuchsen, veränderte sich die Möbelproduktion fundamental. Zahlreiche Betriebe schlossen, die Arbeitslosenzahl wuchs; der bis ins 21. Jahrhundert andauernde Strukturwandel schuf Industriebrachen und Leerstände in der Innenstadt.
Das Zeitzeugenprojekt, das die Historikerin Dr. Alexandra Bloch Pfister in Zusammenarbeit mit dem Möbelmuseum Steinheim sowie der Stadt Steinheim durchführt, spürt diesem Wandel nach und lässt Betroffene zu Wort kommen. Kofinanziert wird das Projekt zu 50 Prozent über die Heimatförderung des Landes NRW. Die Gespräche werden mit Unterstützung der Filmproduktionsfirma madeye-films aus Höxter aufgenommen und anschließend für eine Präsentation im Möbelmuseum aufbereitet. An verschiedenen Medienstationen sollen künftig im Museum diese Berichte, sowie weitere, digital aufbereitete Informationen zur Geschichte und Entwicklung der Möbelindustrie in Steinheim und Ostwestfalen digital abrufbar sein.
Gesucht werden noch weitere interessierte ältere, aber auch jüngere Zeitzeugen aus Steinheim und Umgebung, die bereit sind, an einer schriftlichen, auf Wunsch anonymisierten Umfrage teilzunehmen, welche die industrielle Entwicklung von Stadt und Umgebung vor einen breiteren sachlichen und räumlichen Zusammenhang stellen soll. Dazu ist es nicht nötig, spezielle Arbeitserfahrung in der Möbelbranche mitzubringen, denn es interessiert auch die Sicht von außen auf die Entwicklung.
Interessierte melden sich gerne im Möbelmuseum oder unter der E-Mail-Adresse:
Foto: Büro für Geschichte und historische Kommunikation