Kreis Höxter (TKu). Diese Stille ist schon fast beunruhigend: Keine Menschenansammlungen, kaum Autos, selbst die Vögel scheinen sich ein Auftrittsverbot verordnet zu haben. Nirgens spielt Livemusik. Nirgens? Am Sonntagabend um Punkt 18 Uhr erschallte auch im Kreis Höxter in vielen Orten handgemachte Musik. "Freude schöner Götterfunken" drang aus den Fenstern, von Terrassen und Balkonen, gespielt von den heimischen Musikern und Musikerinnen.
Es sollte ein Zeichen für Gemeinsamkeit sein, gegen das Coronavirus und die Einsamkeit. Eine Stunde zuvor wurde die Eilmeldung herausgegeben, das die Landesregierungen sich auf Kontaktverbote geeinigt haben, die Zusammenkünfte von mehr als zwei Personen untersagen, was ein weiterer Grund ist, dieses Zeichen der Gemeinsamkeit an die Welt da draußen zu senden. So wurde am vergangenen Sonntag durch den Aufruf der deutschen Musikverbände pünktlich um 18 Uhr der musikalische Flashmob von den Wohnungen und Häusern aus gestartet.
Die Ode "An die Freude" aus dem Schlusssatz der berühmten „Neunten Sinfonie“ erklang als Lebenszeichen, als Signal, das ausdrücken sollte: Auch wenn wir, um das Virus zu besiegen, unser gewohntes Miteinander derzeit nicht leben können – wir wollen uns über die Ferne die Hand reichen und unsere gemeinsame Verbundenheit zum Ausdruck bringen, hieß es von den Musikverbänden. Im gesamten Stadtgebiet gab es Musiker und Musikerinnen, die sich an der Aktion beteiligt haben, so auch in Lüchtringen.
„Die meisten Musiker*innen der Blaskapelle Lüchtringen haben mitgemacht“, berichtet der erste Vorsitzende der Blaskapelle Lüchtringen, Christoph Missing, der selbst mit seiner Trompete von seinem Fenster aus mitgespielt hat. Ein Haus weiter gegenüber spielte der amtierende Dirigent der Blaskapelle Lüchtringen, Sven Schafer, mit seinem Tenorhorn die selbe Melodie. Ein gemeinsamer Auftritt der Blaskapelle? Zurzeit ist dies undenkbar, aber mit dem nötigen Sicherheitsabstand, verteilt in der gesamten Ortschaft war dies auch in der Corona-Krise möglich. "Freude, schöner Götterfunken, Tochter aus Elysium, wir betreten feuertrunken, Himmlische, dein Heiligtum."
Was die Italiener vorgemacht haben mit ihrer Nationalhymne, sollte im Musikland Deutschland auch möglich sein. Mit dem Jubilar Beethoven und seiner wohl berühmtesten Melodie, die im Übrigen auch Europa-Hymne ist. "An die Freude" ist eines der berühmtesten Gedichte von Friedrich Schiller. Es entstand im Sommer 1785 und wurde unter anderem von Ludwig van Beethoven im 4. Satz seiner 9. Sinfonie, der letzten vollendeten Sinfonie des berühmten Komponisten, vertont. 2020 wird nicht nur negativ als „Corona-Jahr“ in die Geschichte eingehen, sondern auch als „Beethoven-Jahr“, denn in diesem Jahr wird der 250. Geburtstag von Ludwig Van Beethoven gefeiert.
Fotos: Simone Kube